Zu keiner Zeit des Kirchenjahres ist in den Gottesdiensten der Christenheit so oft vom offenen Himmel die Rede wie in der Weihnachtszeit:
bei der Geburt Jesu erscheinen die Engel bei den Hirten und singen von der Ehre Gottes und dem Frieden auf Erden.
Stephanus, der erste Märtyrer der jungen Kirche, dessen Gedenktag am Zweiten Weihnachtsfeiertag ist, sieht den Himmel offen und Jesus zur Rechten Gottes sitzen.
Wildfremde, Menschen „aus dem Osten“, deren religiöse Überzeugungen niemand kennt, sehen einen Stern am Himmel, deuten ihn als Hinweis auf den neugeborenen König der Juden, machen sich auf den Weg und finden Gott in Menschengestalt, klein wie ein Kind.
Schließlich wird am kommenden Sonntag von der Taufe Jesu im Jordan erzählt. Der Himmel „reißt auf“, so beschreibt es das Markusevangelium (Mk 1,10) und Gott bestätigt Jesus von Nazaret als seinen geliebten Sohn.
Menschen, die am Rand der Gesellschaft leben, erfahren Gottes Nähe. Stephanus wird wegen der Botschaft von Gott, der Mensch geworden ist, getötet, weil es für die Mächtigen und Einflussreichen unvorstellbar war, dass der unbegreifliche, unaussprechliche Gott sich so klein machen sollte. Menschen folgen ihrer Sehnsucht nach Gott und werden fündig.
Und Gott selbst bestätigt alles: „eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“ (Mk 1,11)
Im weihnachtlichen Festkreis von der Geburt bis zur Taufe Jesu und beim offenen Himmel geht es nur um eine Botschaft: Gott wird Mensch. Das verändert alles.
In den verschiedensten Zusammenhängen leuchtet es auf: Grenzen spielen keine Rolle mehr, weil Gott Mensch wird: Himmel und Erde, Gott und Mensch sind verbunden, die Welt und das ganze Spektrum der Gesellschaft werden neu in den Blick genommen: die Armen und Ausgegrenzten und die Majestäten, die, die alles zu wissen meinen und die, die „nur“ ihrer unbändigen Sehnsucht folgen, in die Fremde ziehen ohne zu wissen, wo sie ankommen werden.
Das Fest der Erscheinung des Herrn erinnert uns, die wir schon zum Glauben gekommen sind, auf diesem Weg zu bleiben: immer mehr Mensch zu werden und um das Licht zu bitten, das von Gott kommt, und allen Menschen sagen will: Gott hat Wohlgefallen an euch.
Dieses Wissen um den Himmel, der aufgeht, wo der Stern der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes leuchtet, hat auch Adolph Kolping geleitet: „Wenn das neue Jahr kein glückseliges wird, dann kann unser Herrgott nichts dafür, dann dürfen wir das uns nur selbst auf die Rechnung schreiben. Wenn wir unser Glück, unsere Zufriedenheit nur in den Dingen dieser Welt suchen, es machen wie die anderen Narren auch, dann klagen wir nur ja nicht, wenn wir uns hintennach betrogen finden; wollen wir es aber in Gott suchen, nun, dann … müssen wir auch mit unserem Christentum Ernst, tatkräftigen Ernst machen, noch viel umfassender und durchgreifender, als es, wenigstens im allgemeinen, bisher geschehen ist. Erst wenn das geschieht, dann wird auch das neue Jahr glückseliger, als das alte gewesen, weil dann wir selbst besser und glückseliger werden.“
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Bild: Hans-Joachim Wahl