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Geschlechtergerechtigkeit: "Die Perfomance der Kirche ist suboptimal"

Unter dem Titel „Geschlechtergerechtigkeit – Nur eine schöne Utopie?“ fand auf dem Katholikentag in Erfurt ein Podium statt, das vom Kolpingwerk Deutschland und „ND Christsein heute“ ausgerichtet wurde.

Am Fronleichnamstag fand in Erfurt auf dem Katholikentag ein Podium zum Thema „Geschlechtergerechtigkeit – Nur eine schöne Utopie?“ in der Predigerkirche statt.

Die Gleichstellung von Frauen und Männern beschäftigt die Menschen immer noch – gerade auch in der Kirche. So kamen circa 170 Besucher*innen zum Podium in die Erfurter Predigerkirche, das vom Kolpingwerk Deutschland und „ND Christsein heute“ ausgerichtet wurde. Die Gesprächsteilnehmer*innen zeigten sich enttäuscht, dass immer noch über das Thema geredet werden müsste – auch noch 75 Jahre, nachdem das Grundgesetz die Gleichstellung aller Menschen unabhängig ihres Geschlechts postuliert hatte.

Lisi Maier, Direktorin der Bundesstiftung Gleichstellung, wies in ihrem Impulsvortrag daraufhin, dass es neben dem Gender-Pay-Gap, also der Verdienstlücke zwischen den Geschlechtern mit Folgen für die Altersarmut bei Frauen, auch ein Gender-Care-Gap gebe: Insbesondere in einem Alter von ca. 36 Jahren, wenn sich zentrale Lebensereignisse wie Beruf, Partnerwahl und Kinder bündelten, sei die Sorgelücke zwischen Frauen und Männern am größten. Eine größere Bereitschaft der Männer, sich an der Care-Arbeit zu beteiligen, ist auch für Jasmin Arbadian-Vogel, Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen, ein Game-Changer. Für wichtig hält sie außerdem flexiblere Arbeitszeiten, eine bessere Kinderbetreuungsinfrastruktur und Rollenvorbilder jenseits von Geschlechterstereotypen. Die Fernsehmoderatorin Yvonne Willicks bestätigte, wie schwierig es für berufstätige Mütter sei, deren Kitas nicht an allen Werktagen öffneten und die deshalb ein Betreuungsproblem hätten. Zusätzlich müssten sie dann noch gegen klassische Rollenvorbilder ankämpfen, die Kindern von klein auf beispielsweise durch Kinderbücher vermittelt würden. Sie empfiehlt Eltern, sich von Anfang an darüber klar zu werden, wie sie die Care-Arbeit aufteilen.

Wenn Frauen sich stärken einbringen könnten, würde auch die Politik profitieren, bekundete Dr. Hermann-Josef Tebroke MdB, Vorsitzender von ND Christsein heute. Ein Weg, dies zu ermöglichen, wären hybride Sitzungen, zu denen sich Frauen digital hinzuschalten könnten. Eine andere Möglichkeit seien Quoten, durch die Frauen stärker auf Listen berücksichtigt würden. Er plädierte dafür, dass der Staat Männer und Frauen mehr dabei unterstützen solle, Erwerbstätigkeit und Familie miteinander zu vereinbaren. Einer gesetzlichen Regelung des Führungskräfte-Auswahlverfahrens bei den Unternehmen erteilte er allerdings eine Absage. Die Unternehmen müssten einsehen, dass es in ihrem eigenen Interesse liege, mehr Diversität in den leitenden Gremien zu schaffen.

Jasmin Arbadian-Vogel pflichtete ihm bei: Gleichberechtigung sei nicht nur etwas für Frauen, sondern sei für beide Geschlechter gut. Davon profitierten auch Unternehmen und die gesamte Gesellschaft - aber auch die Kirche. Deren Performance in Sachen Gleichstellung sei gerade hier suboptimal. Peter Otten erinnerte an ein Paulus-Wort, nachdem es keine Frauen oder Männer mehr gebe; alle seien eins in Jesus Christus. Eine Gleichstellung würde das Klima in der Kirche total verändern. „Wie toll wäre es, wenn die Kirche die Gleichberechtigung offensiv in die Welt tragen würde. Wir müssen den Finger weiter in die Wunde legen, damit wir nicht noch beim nächsten oder übernächsten Katholikentag über dieses Thema sprechen müssen“, so Peter Otten.

Dass die Verbände in Sachen Geschlechtergerechtigkeit deutlich weiter sind als die Amtskirche, wurde einmal mehr deutlich. Dort werde von klein auf in den Jugendverbänden eingeübt, sich unabhängig vom Geschlecht zu engagieren. Was junge Frauen dort lernten, würden sie wiederum in ihr berufliches und ehrenamtliches Wirken in Gesellschaft und Kirche einbringen.

 

Video: Geschlechtergerechtigkeit - Bloß eine schöne Utopie?