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Bitte legen Sie nicht auf! – please hold the line!

Geistlicher Impuls des Kolping-Bundespräses Hans-Joachim Wahl zum Sonntag.

So könnte man das Evangelium des kommenden Sonntags ins heutige „Alltagsdeutsch“ übersetzen. Wer schon einmal am Telefon in einer Warteschleife gehalten wurde, kennt das: da muss man Geduld haben. Und man darf nicht auflegen, wenn man zum Ziel kommen will.

Das Bild vom Weinstock und den Reben spricht für sich. Vor allem die schriftkundigen Zuhörer*innen erkennen hier die Pflanzung Gottes: das Volk, das ihm gehört, mit ihm verbunden ist und aus dieser Verbundenheit lebt.

Jesus bezieht dieses Bild ganz auf sich: er ist der wahre Weinstock, wie er auch das wahre Licht und das wahre Brot vom Himmel ist. Mit ihm gilt es Verbindung zu halten, wenn christliches Leben von seiner Quelle her gespeist sein will. Die Bildrede vom Weinstock und den Reben lädt ein, in dieser Verbindung zu bleiben und so Frucht zu bringen. „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.“  

Diese Quelle ist zuerst die persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Durch sie wird die Verbindung gehalten: Gebet, Beschäftigung mit dem Evangelium und tätige Nächstenliebe.

Was beim Telefonieren gilt, gilt auch für das christliche Leben: beides lebt davon, dass die Verbindung gehalten wird: zu Gott und zu den Menschen. Ein kluger Denker hat die Religion einmal als „Unterbrechung“ beschrieben, die dafür sorgt, dass das, was der Alltag von uns fordert, nicht zu einer hohlen Umtriebigkeit führt. Die Verbindung zum wahren Weinstock ermöglicht es,  zu leben, zur Ruhe zu kommen, den Alltag zu unterbrechen, um neue Kraft zu schöpfen. In der Tat: im Zusammenspiel mit den Menschen kann es immer wieder Enttäuschungen geben. Dann wird die Verbindung abgebrochen, das Gespräch beendet und der Hörer aufgelegt. Und es ist eine schmerzliche Wahrheit, die hier nicht unerwähnt bleiben darf: auch Trennung kann das letzte Mittel sein, einen Konflikt zu lösen.

Jesus setzt aber im Evangelium auf Verbindung und Gemeinschaft. Seine Botschaft lebt vom Bleiben. Das hat mit Geduld und Ausdauer zu tun. Und mit der Hoffnung, dass es ein gutes Ende nehmen kann, wenn ich nicht gleich auflege oder die Verbindung trenne.

„Diejenigen, welche an Gott glauben, müssen dadurch auch an die Menschen glauben, und welche das Christentum lebendig glauben, müssen in seinem Geiste schaffen“ sagt Adolph Kolping. Ihm geht es wesentlich darum, dass die persönliche Gottesbeziehung in der Beziehung zu den Menschen durchscheint und konkret erfahrbar wird. Durch Menschen, die bleiben, statt wegzugehen, die aber auch mit all ihrer Kritik und ihrer Enttäuschung um den wahren Weinstock wissen, vom wahren Brot leben und im Lichtkegel des wahren Lichtes unterwegs sind.  Gerade in kritischen Zeiten kann das Bild vom Weinstock und den Reben Mut zu Geduld und Ausdauer machen. Dazu gehört das Vertrauen darauf, dass Gott seinen Weinstock hütet. Dann kann christliches Handeln Frucht bringen, denn wer die Verbindung hält, darf sich darauf verlassen, dass Jesus nicht auflegt.