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Gott existiert, Gott ist da.

Gedanken zur Verklärung Jesu (Mk 9,2-10) von Rosalia Walter, Geistliche Leiterin des Kolpingwerkes Deutschland.

Heute nimmt Jesus im Evangelium drei Jünger mit auf einen hohen Berg. Er nimmt die Jünger zur Seite und führt sie heraus aus den Niederungen des Alltags. Sie verlassen den täglichen Weg, der im Tal, in den Niederungen eines oft rauen und grauen Alltags verläuft.

Auf dem Berg geschieht plötzlich eine Umwandlung: Jesus wird umgewandelt – seine Kleider werden strahlend weiß. Unheimliches geschieht. Elija und Mose reden mit Jesus. „Es ist gut, dass wir hier sind“ fasst Petrus sein Empfinden in Worte, gefolgt von dem zunächst etwas unbeholfen wirkenden Vorschlag, drei Hütten zu bauen.

Petrus ist glücklich. Hier passt alles. Bei Jesus zu sein, im Leuchten Gottes Nähe zu sehen und die Propheten zu hören – da will er bleiben. Dies ist gut nachvollziehbar.

Doch plötzlich hören sie eine Stimme aus der Wolke. In dieser Wolke spricht Gott. Er bezeugt Jesus als seinen Sohn. Etwas viel für die Jünger bei einer Wanderung auf den Berg. Nun ist es vorbei mit der Beschaulichkeit. Die Jünger sind vor Furcht ganz benommen. Doch als sie um sich schauen, sind sie wieder allein mit Jesus.

Die Herrlichkeit ist vorbei. Oder besser: sie ist da, voll und ganz, doch verborgen im Menschsein Jesu Christi. Ein kurzer, süßer Augenblick des Schauens. Die drei Jünger haben eine tiefe Gotteserfahrung gemacht, für einen Augenblick konnten sie einen Blick in den Himmel werfen. Aber diesen Augenblick konnten sie nicht festhalten. Es war ein Stück Vorfreude auf den Himmel. Nun gilt der Glaube allein. Jesus will und muss im Glauben erfasst werden.

Den Gipfel können die Jünger nicht mitnehmen. Es ist die Glaubenserfahrung, das Gipfelerlebnis, das sie mit ins Tal nehmen. Die Jünger erkennen durch diese Gotteserfahrung, dass die uns umgreifende, manchmal beglückende, oft aber auch quälende und bedrückende Wirklichkeit nicht alles und vor allem nicht das Letzte ist.

Auch wir kennen glückliche Stunden, in denen alles Licht ist, in denen wir zufrieden sind.  Unser Leben kennt Zeiten, wo uns das Glauben leichtfällt, wo wir die Nähe Gottes erahnen und spüren. Gipfelstunden, wo Gott keine Frage mehr ist, sondern wo uns ganz gewiss ist: Gott existiert, Gott ist da. Seine Gegenwart umhüllt und durchdringt uns, Freude und Dankbarkeit erfüllen uns.

Solche Gipfelerlebnisse sind eher Ausnahmen, wichtige Ausnahmen, die uns Hoffnung geben. Denn unser Leben kennt auch den Ölberg. Stunden, in denen sich alles verfinstert, in denen wir das Gefühl haben, von Gott und Menschen verlassen zu sein. Krisen, Niederlagen, Scheitern... Stunden, wo Angst und Sorgen, Traurigkeit und Leid uns das Herz schwer machen. Wenn Leid und Not, Trübsal und Finsternis über uns kommen, helfen uns die Erinnerungen an die Gipfelerfahrungen, nicht irre zu werden und davonzulaufen.

Am Ende der Verklärung Jesu heißt es: als sie vom Berg herabstiegen, gebot er ihnen, niemandem zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. Und dieser Abstieg ging bis in den Karfreitag und das Grab.

Die Gotteserfahrung, die die Jünger auf dem Berg erleben dürfen, wird am Ölberg abgelöst von Müdigkeit und Schlaf, von Verrat, von Flucht, von Enttäuschung und Dunkelheit. Das Kreuz verhüllt Jesu Herrlichkeit, löscht sie aber nicht aus. Am Ostermorgen erstrahlt sie neu, und die Apostel erkennen Jesus an seinen verklärten Wunden.

Seit Christus strahlt über dem Kreuzweg und jeder Leidensgeschichte das Licht vom Berg der Verklärung, der Glanz der Hoffnung, die Sonne des Ostermorgens, und leuchtet in unser Leben und in die Dunkelheiten unserer Nächte.

Im Schauen auf den verklärten Herrn erkennen wir, was letztlich auf uns zukommt, was Ende unseres Weges ist und Ziel unseres Lebens mit Christus: die Herrlichkeit der Auferstehung, Wohnen in seinem Licht, Leben in seinem Leben.

Wenn Christus den rechten Platz in unseren Herzen hat, dann können wir zuversichtlich unsere Wege weitergehen, denn dann erblicken wir immer hinter dem Leid die Hoffnung. Wir bleiben mit ihm in Verbindung und halten an ihm fest, denn kein anderer kann uns tragen wie er, kein anderer kann uns Mut machen in unseren Sorgen wie er, und kein anderer kann uns solche Hoffnung, solche Erfüllung geben, wie er. Er geht mit uns seinen Weg. Gott sei Dank!