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Es braucht Zeit, zu glauben

Gedanken zum Sonntagsevangelium von Rosalia Walter, Geistliche Leiterin des Kolpingwerkes Deutschland.

In den Ostererzählungen geht es um das Dass der Auferstehung, nicht um das Wie. Es sind Geschichten, die Zeugnis geben für die Begegnung mit dem Auferstandenen.

Das Eigentliche bei Begegnungen ist immer ein inneres Geschehen. Jesus muss seinen Jüngern innerlich begegnen und ihre (inneren) Augen öffnen; dann können sie ihm begegnen. Äußerlich halten die Jünger auch in den Ostererzählungen Jesus für einen Geist, für ein Gespenst. Bei diesen Begegnungen kommen die verschiedensten Gefühle ins Spiel: Angst und Schrecken, Freude und Hoffnung, Trauer, Fassungslosigkeit, Glück und Jubel.

Die Ostererzählung, die wir am heutigen Sonntag hören, bestätigt das eindrucksvoll. Sie berichtet vom Schrecken der Jüngerinnen und Jünger, von ihrer großen Angst und von ihren Zweifeln. „Was seid ihr so bestürzt?“ fragt Jesus. Und: „Warum lasst ihr in eurem Herzen solche Zweifel aufkommen?“ Dann zeigt er ihnen seine Hände und seine Füße und sagt: „Ich bin es selbst.“ Und von den Jüngern heißt es: „Sie staunten, konnten es vor Freude aber immer noch nicht glauben.“

Alles ist zunächst so unerwartet, so schockierend, einfach unglaublich. Von der Verzagtheit zur Freude und vom Zweifel zum Osterglauben ist ein weiter Weg. Ostern braucht Zeit.

Gleichgültig, was äußerlich geschehen ist – mit dieser Ostererzählung wird in jedem Fall die Begegnung mit dem Auferstandenen anschaulich bezeugt. Jesus weist auf Moses, die Propheten und die Psalmen hin. Die Auferstehung Jesu ist also die Erfüllung der alten Verheißungen. Und diese Osterbegegnung ist wieder verbunden mit dem Essen. Im Evangelium heute isst Jesus vor den Augen seiner Jünger gebratenen Fisch. Lukas macht auf geradezu rührend plakative Weise deutlich:
Jesu Auferstehung ist handgreifliche Wirklichkeit, real und lebendig erfahrbar. Ostern ist keine gespenstische Erscheinung, keine Sinnestäuschung, kein Wunschtraum.

Aber es ist ein Prozess und es braucht Zeit zu glauben, dass der, der am Kreuz starb – und der, der auferstanden jetzt lebendig in ihrer Mitte steht – ein und derselbe ist.

Es braucht Zeit, Ostern im eigenen Leben ankommen zu lassen. Die Jünger finden zum Osterglauben, als sie in der Begegnung mit dem Auferstandenen langsam begreifen, dass seine Gegenwart der Sinn der Schriften und die Erfüllung aller Verheißungen ist: „So steht es geschrieben… und ihr seid Zeugen dafür!“

Vor dem Geheimnis des Kreuzes und der Auferweckung Jesu kann nur der Glaubende einen Sinn entdecken, nicht, weil er ihn erdenken und aussinnen kann, sondern weil er ihm innerlich begegnen kann.

Die österlichen Erzählungen unterstreichen immer wieder, wie langsam die Apostel die Auferstehungsbotschaft begriffen haben. Sie zeigen damit auch, dass diese Männer keine Phantasten, keine Spekulanten und keine Märchenerzähler waren, keine voreiligen Schwätzer, sondern überzeugte Menschen, die wussten, wovon sie redeten, was und wen sie bekannten und warum sie diese Botschaft in alle Welt trugen.

Denn alle, denen der Auferstandene begegnet und Gottes Weg auslegt, werden so von ihm zu Zeugen gemacht, damals wie heute. Ihre Verkündigung erwächst aus ihrer Begegnung mit dem Auferstandenen. Die Begegnung mit solchen glaubwürdigen Zeugen ist der Ort, wo Verkündigung „überspringt“ und Glaube entsteht durch „Ansteckung“.