Bundesebene Geistlicher Impuls

Die Seligpreisungen, die Bergpredigt

Geistlicher Impuls des Kolping-Bundespräses Josef Holtkotte zum Sonntag.

Im heutigen Evangelium hören wir die Seligpreisungen, die Bergpredigt. Die Bergpredigt genießt, auch bei Menschen, die keine Christen sind, hohes Ansehen.

Und doch meine ich, haben wir unsere Probleme mit der Bergpredigt. Wir sagen: Ihre Anwendung ist unrealistisch, eine Vertröstung der Menschen, eine Verdrängung aktueller Probleme ins Jenseits.

Wir sagen: jetzt wird politisiert und fühlen uns nicht wohl dabei.

Es ist nicht leicht, mit der Bergpredigt umzugehen. Ich meine aber, sie spricht uns an! Die Glaubenden und alle Menschen guten Willens,  dadurch bleibt sie ein permanenter Unruhefaktor.  

Die Bergpredigt kann uns ein Stachel im Fleisch sein, weil unser Verhalten hinterfragt wird.

Vielleicht können Gedanken zu den einzelnen Aussagen hilfreich sein, auf das eigene Leben zu blicken. Schauen wir hin.

Ich möchte ein paar Hinweise geben.

„Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.“
Die Seligpreisung der Armen bezieht Matthäus auf alle, die sich vor Gott arm wissen und in ihrer Bedürftigkeit ihr Vertrauen auf Gott setzen. Sie sind für Gottes Gnade und Barmherzigkeit in besonderer Weise offen. So werden die Armen reicher als alle Reichen.

„Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.“

Die Niedergebeugten, die unter besonderer Last stehen, erhalten Gottes Trost. Wie viel Trauer gibt es unter uns? Wie wenig können wir trösten? Wenn uns ein Schicksalsschlag widerfährt, fühlen wir uns „untröstlich“. Christen wissen, dass sie auch als Traurige und Trauernde niemals allein sind und von Gott Kraft und Ermutigung empfangen. Eine wirkliche Lebenshilfe.

„Selig, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben.“

Den ‘Sanftmütigen‘ wird das Land des Friedens und des göttlichen Glücks verheißen. Gewalt anwenden heißt in unserer Gesellschaft: Jemanden unter Druck setzen. Oft reagiert der Grundsatz: Nur wer hart ist, kommt weiter. Darunter leiden wir alle, aber wir haben uns an diese Brutalität gewöhnt. Warum machen wir nicht von der Möglichkeit Gebrauch, gegen den Strom zu schwimmen? Das wäre keine Blamage. Wir sollten uns fragen, ob wir von anderen Menschen auch nur Leistungsvermögen und Stärke verlangen, oder ob wir anders sind und ob wir auch für Mängel, Fehler und Schwächen Verständnis haben?

„Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden“.

Dies gilt für die leiblich Hungernden, und für jene, die nach der Gerechtigkeit hungern. Was Recht und was Unrecht ist, lassen wir uns oft durch Meinungsmacher vorreden. Das stimmt nicht unbedingt mit der Ordnung Gottes überein. Wo Unterdrückung geschieht, setzen wir uns viel zu selten zur Wehr. Schnell kann jemand zum Außenseiter abgestempelt werden. Wir denken allenfalls ‘im Stillen‘, dass dies nicht gut ist; aber wenn wir ‘öffentlich‘ auftreten müssten, gehen wir den Weg des geringeren Widerstands.Wenn jemand zu Außenseitern hält, wird er oft selber ausgegrenzt. Aber: wer unter der Ohnmacht gegenüber dem Unrecht leidet, darf sich glücklich preisen: Gott steht auf seiner Seite. Er liebt die Gerechten.

„Selig, die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden.“

Weil Gott immer wieder das Erbarmen will, muss seine Barmherzigkeit zum Maß für jeden Christen werden. Wer also wirklich Mitleid mit den Notleidenden und Verlassenen hat, der wird bei Gott Erbarmen finden. In dieser Seligpreisung drückt sich vor allem auch die Liebe und Milde Jesu aus. Barmherzigkeit geschieht dort, wo die Menschen die Not anderer sehen, sie sich zu Herzen gehen lassen und dann helfen die Not zu lindern.

Alle, die in dieser Welt unter der Hartherzigkeit leiden, wissen, welche Wärme und Geborgenheit in der Barmherzigkeit liegen: Sie ist das Weitergeben der Liebe Gottes. Barmherzigkeit ist eine Grundhaltung, die - wenn wir sie uns wirklich zu Eigen machen - unsere Beziehungen zu den Menschen weitaus sinnvoller gestalten kann. Unser ganzes Leben bekommt ein neues Gesicht.

„Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen.“

Das ‘reine Herz‘ meint im biblischen Sinn die aufrichtige Gesinnung: Die Übereinstimmung von Wort und Leben; ob jemand treu zu seinem Wort steht, stellt er nur durch die Verlässlichkeit seines Lebens unter Beweis. Er richtet sich dann nämlich am Leben Jesu aus.

Menschen mit einer aufrichtigen Lebenseinstellung finden ihre Lebensrichtung auf Gott hin. Das reine Herz schafft den Ausblick auf Gott. Welcher Ausblick kann besser sein?

„Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Söhne und Töchter Gottes genannt werden.“
Wer sich aktiv für den Frieden einsetzt, benötigt zuerst den von Gott angekündigten umfassenden Frieden. Es ist der Friede des Schöpfergottes mit seiner Schöpfung gemeint, der Friede von Gott und Welt, der Friede unter den Völkern und Menschen. In jenen Menschen, die Friedensstifter sind, handelt Gott selbst. Viele Menschen wollen Frieden, fühlen sich aber ohnmächtig und sehen keine Einflussmöglichkeiten auf das Weltgeschehen. Die Friedensstifter, die sich nach Gott ausrichten, fangen aber in ihrem kleinen Bereich an. Die Praxis der „kleinen Schritte“ in der Familie, unter Freunden, in der kirchlichen und politischen Gemeinde geht alle etwas an. Der Friede muss an den kleinen Stellen zu wachsen beginnen. Wo einer anfängt, ein Licht anzuzünden, weicht die Dunkelheit. Der Frieden den wir stiften, soll aus der Tatsache folgen, dass wir Kinder, Söhne und Töchter Gottes sind.

„Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich.“

Die Erfahrung, wegen der Treue zu Jesus Christus und zu seinem Evangelium verfolgt zu werden, gehört zum urchristlichen Alltagsleben. In vielen Ländern werden Christen unterdrückt und getötet, auch heute. Kennen auch wir jemand, der verfolgt wird? Aus Mangel an Interesse erfahren wir oft wenig von diesen Menschen. Es ist uns zu anstrengend, uns darüber eine eigene Meinung zu bilden oder deutlich Partei zu ergreifen.

Verfolgung kann auch heißen: jemanden durch Reden in die Enge treiben, jemand klein machen. Aber: Christus steht auf der Seite solcher Verfolgten. Er liebt sie.

„Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt.“

Diese radikale Situation der Ablehnung können wir uns heute kaum vorstellen. Es gibt aber eine ganze Reihe von Ländern, in denen Christen aufgrund ihres Bekenntnisses diskriminiert, verfolgt und getötet werden. Wenn wir uns hier international einsetzen können, sollten wir alle Aktionen unterstützen. Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, Angst zu haben vor einem unverständigen Menschen oder vor einem unmenschlichen System, das Menschen aufgrund ihres christlichen Glaubens unterdrückt.

Vielleicht trifft eine Seligpreisung besonders mein Herz und meinen Glauben. Viele Menschen warten auf unser Bekenntnis, um zu erfahren, dass sie in ihrem Glauben nicht allein sind. Unser Bekenntnis kann diesen Menschen Kraft geben. Es stärkt auch unseren eigenen Glauben, denn Christus ist mit den Friedfertigen.

Alle Seligpreisungen appellieren an unsere innere Freiwilligkeit, an den Großmut des Herzens und an die persönliche Verantwortungsbereitschaft.

Entscheidend ist dabei das Anfangen, genau dort, wo ich stehe. Wichtig ist es, weiterzugehen und das Beste zu geben. Entscheidend ist das Verstehen des inneren Sinns einer Handlung und nicht der äußere Erfolg.

Ich wünsche uns, dass die Seligpreisungen unser Herz treffen und etwas bewirken, denn dafür hat Christus sie bestimmt.

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