Liebe Schwestern und Brüder,
die Osterzeit ist eine besondere Zeit, über die Grundlagen unseres Glaubens nachzudenken. Christus ist auferstanden. Nicht abstrakt, sondern konkret. Wirklich und wahr. Unser Glaube, den wir auch heute miteinander teilen, feiern und leben, will mehr als eine Art Folklore sein, mehr als theologischer Scharfsinn, mehr als etwas positive Ausstrahlung. Unser Glaube will unser Leben erfassen: Mein Denken und Handeln. Deshalb sind die Auferstehungsgeschichten so wichtig. Sie deuten Leben. Das Leben der Menschen. Sie wollen Mut machen, Kraft geben, Hilfe sein. Wie können wir Auferstehung in unser Leben hineinholen und mit wirklichem Glauben erfüllen?
Wir können uns nicht vorstellen, in welcher Weise Menschen den auferstandenen Jesu gesehen und erlebt haben, doch wenn wir auf die Jünger schauen, muss es ein solches Erlebnis gewesen sein, dass aus den tieftraurigen, total hoffnungslosen Männern vom Karfreitag die Apostel wurden, die begeistert und mit Überzeugung verkündeten, dass Jesus nicht im Tod geblieben ist und sie das bezeugen können. Und es wird ihre Lebensaufgabe, Jesu Botschaft weiterzugeben. Nur so konnte sie sich schließlich über die ganze Welt ausbreiten.
Das Evangelium heute will es uns klarmachen: Jesus Christus ist Realität. Die Jünger brauchen eine Zeit, dies zu verstehen. Aber dann wissen sie: es ist der Herr. Und das gilt durch alle Zeiten. Er ist bei uns in allen Situationen unseres Lebens. Bis heute. In Freud und Leid. In Hoffen und Bangen. In Schmerz und Freude. Der Auferstandene lädt uns ein zur Erkenntnis und Entwicklung. Der Glaube an ihn fordert den ganzen Menschen.
Die Ostererfahrung der ersten Jünger ist heute nicht zu Ende. Jesus lebt, und deshalb ist der Auferstandene auch für uns Heutige erfahrbar. Es kommt auf unsere Wahrnehmung an und auf unsere Deutung dessen, was wir erleben. Alle Auferstehungsberichte wollen uns sagen: der Auferstandene ist kein Geist, nicht abstrakt oder eine bloße Idee. Er ist lebendig und konkret, hat Hand und Fuß. Er ist erfahrbar mitten unter uns als einer, der Frieden bringt, der sich anfassen lässt. Wir müssen uns fragen, wie aufmerksam wir für sein Dasein sind.
Die Osterbotschaft will uns Hoffnung und Mut machen: Suche auch in deinem Leben, in deinem Schmerz, in deiner Enttäuschung den Auferstandenen!
Hoffentlich begeistert uns die Auferstehung immer wieder neu. Hoffentlich sind wir nicht zu matt, um Jesu Lebendigkeit zu spüren, hoffentlich nicht zu uninteressiert, davon zu sprechen. Lassen wir also diesen Grund unseres Glaubens und unserer Hoffnung in unser Leben hineinwirken, indem wir Eucharistie feiern, indem wir beten, indem wir Gottes Botschaft hören, indem wir so leben, wie Jesus es sagt.
Vielleicht kann dann unser Zweifel wie bei den Jüngern in Begeisterung umschlagen.
Vielleicht läuft dann auch unser Mund über vor Freude. Vielleicht spüren wir dann den Auferstandenen in unserem Leben. Ja, das wäre ein Glaube.
Pfarrer Josef Holtkotte, Bundespräses des Kolpingwerkes Deutschland