Bundesgesundheitsminister Jens Spahn setzt seinen Kurs weiter fort und bringt mit dem Entwurf zum sog. „Faire-Kassenwahl-Gesetz“ wiederholt einen Vorschlag ein, der die soziale Selbstverwaltung, also die Mitwirkung der Sozialpartner in den Sozialversicherungen, einschränkt – ja sogar teilweise beendet.
Konkret möchte er mit diesem Gesetz u. a. den GKV-Spitzenverband professionalisieren. Das bedeutet für Minister Spahn, dass das Ehrenamt ausgeschlossen und durch hauptamtliche Vertreterinnen und Vertreter der Krankenkassen ersetzt wird. Glaubt der Minister, das ehrenamtliche Mandatstragende nicht professionell handeln? Bisher setzt sich der GKV-Spitzenverband aus Vertreterinnen und Vertretern der ehrenamtlichen Verwaltungsräte der Krankenkassen zusammen – damit soll nun Schluss sein. Damit würde Minister Spahn mit einem wesentlichen Merkmal der sozialen Selbstverwaltung, die durch die Sozialpartner geprägt wird, brechen.
Das Kolpingwerk Deutschland – als anerkannte Arbeitnehmerorganisation – fordert Minister Spahn auf, diesen Teil des Gesetzes zu streichen und erinnert diesen erneut daran, dass im Koalitionsvertrag andere Vorgaben formuliert sind. Dort heißt es sehr unmissverständlich, dass die Selbstverwaltung gestärkt werden soll.
Noch im Jahr 2011 hatte der heutige Minister Spahn in einem Positionspapier ein Plädoyer für die soziale Selbstverwaltung abgelegt. Dort hieß es: „Wir bekennen uns zum Prinzip der Selbstverwaltung in den sozialen Sicherungssystemen. Dies ist gute Tradition in Deutschland und hat sich bewährt. Leitgedanke ist und bleibt, dass die Beitragszahler – die Versicherten und ihre Arbeitgeber – die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen können sollen, ob es nun um Finanzen, Organisation oder Personal geht.“ Das derzeitige Handeln des Ministers ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Eine Wertschätzung der Selbstverwaltung ist stattdessen angesagt. Mit dem vorliegenden Entwurf passiert erneut das Gegenteil!
Bereits mit dem Gesetzentwurf „zur Beitragsentlastung der Betriebsrentnerinnen und -rentner in der GKV“, welcher zu Beginn des Jahres veröffentlicht wurde, plant Minister Spahn, der sozialen Selbstverwaltung vorzuschreiben, wie hoch die Zusatzbeiträge der Kassen sein dürfen. Mit diesem Gesetz greift er in die Finanzhoheit ein. Die ehrenamtlichen Verwaltungsräte, also die per Wahl legitimierten Vertreterinnen und Vertreter der Versicherten, werden damit durch die Aufsichtsbehörden bevormundet.
Auch mit dem im März beschlossenen „Terminservice- und Versorgungsgesetz“ (TSVG) wurden Kompetenzen der Selbstverwaltung beschnitten, indem die Gesellschafterstruktur der Gesellschaft, die für die Gesundheitskarte zuständig ist, nachhaltig so verändert wurde, dass nun die alleinige Entscheidungshoheit beim Bundesministerium liegt. Weitere Beispiele ließen sich nennen.
Der Weg, den Minister Spahn beschritten hat, widerspricht nicht nur dem Koalitionsvertrag, sondern schwächt letztendlich die bewährte Sozialpartnerschaft in unserem Land. Eine Stärkung der Selbstverwaltung sieht anders aus!
Soest, 6. April 2019
Der Bundesvorstand
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