Erklärungen

Die Klimafrage ist auch eine soziale Frage

Kolpingwerk Deutschland zur Diskussion um eine CO2-Abgabe

Das Kolpingwerk Deutschland begrüßt, dass in der aktuellen politischen Debatte vermehrt über Wege diskutiert wird, die Folgen des Klimawandels mit größerem Einsatz zu beschränken. Für das Kolpingwerk hängt das Wohl des Planeten und damit die Bewahrung der Schöpfung ganz entscheidend von einer ambitionierten Klima- und Umweltpolitik ab, die weit über die bisher gesteckten Ziele hinausgeht. Bereits im Dezember 2015 hat das Kolpingwerk aus Anlass der Pariser Klimakonferenz dazu ermahnt, dass die Industrie- und Schwellenländer als die maßgeblichen Verursacher des Klimawandels ihren Zusagen nachkommen müssen, die Erderwärmung durch geeignete Maßnahmen einzudämmen. Als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt steht die Bundesrepublik hier in einer besonderen Verantwortung.

Der Emissionshandel löst nur einen Teil des Problems

Im Hinblick auf den Ausstoß von schädlichem Kohlenstoffdioxid (CO2) ist das 2005 eingeführte Europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) das bisher wichtigste Instrument. Etwa 11.000 Anlagen sowie bestimmte energieintensive Branchen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums sind verpflichtet, sogenannte Verschmutzungsrechte in Form von CO2-Zertifikaten zu erwerben. Damit werden energieintensive Anlagen und Betriebe an den Kosten klimaschädlicher Treibhausgasausstöße beteiligt.

Im EU-ETS werden allerdings nur 45 Prozent aller in der EU emittierten Treibhausgase erfasst. Gebäude-, Verkehrs- und Landwirtschaft sowie viele weitere Branchen sind bisher ausgenommen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen zudem, dass das bisherige Emissionshandelssystem nicht ausreicht, den Kohlendioxidausstoß in großem Maße zu reduzieren. Dies liegt auch daran, dass die Preise für CO2-Zertifikate trotz leichter Preissteigerungen in den vergangenen Jahren noch immer zu niedrig sind. Das Emissionshandelssystem stößt in seiner jetzigen Form an enge Grenzen.

Mehr klimapolitisches Engagement erforderlich

Mit Bedauern stellt das Kolpingwerk fest, dass die Bundesregierung ihre eigenen für 2020 gesteckten Ziele nicht einhalten wird. Der nationale Klimaschutzplan 2050 sieht vor, dass die Kohlendioxidemissionen bis 2020 um 40% – gemessen am Referenzjahr 1990 – gesenkt werden. Nach vorliegenden Prognosen wird dieses Ziel deutlich verfehlt. Da die Bundesrepublik die weniger ambitionierten Klimaziele der Europäischen Union vermutlich ebenfalls verfehlen wird, läuft sie zudem Gefahr, ab 2020 Strafzahlungen an die Europäische Kommission zu leisten.

Daran wird deutlich, dass es noch immer an einem umfassenden Konzept mit geeigneten Steuerungsinstrumenten fehlt, um die nationalen und europäischen Klimaziele umzusetzen. Dazu bedarf es eines umweltpolitischen Lenkungsinstruments, das nicht nur energieintensive Branchen, sondern alle Verursacher von Treibhausgasen an den Folgekosten der Erderwärmung beteiligt. Von der Privatwirtschaft bis hin zu jedem Bürger: Alle müssen sensibilisiert werden.

Die Klimafrage ist auch eine soziale Frage

Mit Blick auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung soll ein Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht werden. Wesentlicher Bestandteil eines solchen Gesetzes muss aus Sicht des Kolpingwerkes eine sozial ausgewogene und umfassende Belastung von Kohlendioxidemissionen sein. Diese sollte breit angelegt sein, damit bei Produzenten und Verbrauchern gleichermaßen ein Bewusstsein dafür entsteht, dass ihr individuelles Handeln Rückwirkungen auf das Klima hat.

Eine progressive und umfassende Belastung von Kohlendioxid muss jedoch vor allem sozial ausgewogen sein. Die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen dürfen nicht unverhältnismäßig stark belastet werden, während zahlreiche Unternehmen im produzierenden Gewerbe sowie in der Gebäude- und Landwirtschaft von Subventionen und Steuererleichterungen profitieren. An den Kosten der Umweltverschmutzung müssen jene beteiligt werden, die in besonderem Maße zur Belastung des Klimas beitragen. Dies ist auch auf den Verkehrssektor übertragbar.

Gute und schnelle Lösungen erforderlich

Eine Abgabe auf den Ausstoß von Kohlendioxid könnte dabei zu einer doppelten Dividende führen: Einerseits würde sie als Abgabe mit Lenkungsfunktion zu einer Verteuerung von Umweltverschmutzung führen und damit umweltschädliches Verhalten reduzieren. Andererseits könnten ihre Einnahmen für Investitionen in staatlich geförderte Gebäudesanierung, Ökomobilität und vieles mehr genutzt werden.

Die Bundesregierung ist gefordert, sowohl die nationalen Klimaziele konsequent einzuhalten als auch auf europäischer Ebene Impulse zu setzen. Auch wenn sich die Klimaziele kurzfristig nur schwer einhalten lassen, muss nun umso mehr daran gearbeitet werden, mittel- und langfristig die bisher gesteckten Ziele zu übertreffen. Es gilt, schnell und zugleich besonnen auf die großen Klimaveränderungen, die sich in Europa, aber auch weltweit ergeben, zu reagieren. Hierbei muss Deutschland seiner besonderen Verantwortung gerecht werden.

Köln, den 29.06.2019

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