Große Veranstaltung im Tanzbrunnen in Köln in der Abenddämmerung mit Scheinwerfern, vielen Menschen und den Tanzbrunnen-Schirmen

Mittagsgebet

Zusammen Demokratie stärken

Gemeinsam beten wir um 12 Uhr ein Mittagsgebet, gestaltet von Tamara Kieser und Martin Rose. In Gemeinschaft treffen wir uns dazu an der Bühne vor der Minoritenkirche. Aber alle sind herzlich dazu eingeladen, das Mittagsgebet dort zu beten, wo sie sich gerade befinden.

Das Weltgeschehen fordert einen aktuell mehr denn je heraus. Politiker wecken zum Teil wenig Vertrauen und sind sehr verbissen in ihrer Meinung und ihren Argumenten. Auf vielen Kontinenten der Welt herrscht Krieg. Berichte aus den USA und Russland lassen uns fragen, was das Ganze für unser Land und die Demokratie bedeutet. 

Doch was bedeutet überhaupt Demokratie? 

Nach Artikel 20 des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik Deutschland eine Demokratie. In dieser Staatsform übt das Volk die Herrschaftsgewalt aus. Demokratien zeichnen sich unter anderem durch Achtung der Menschenrechte, Gewaltenteilung, Verantwortlichkeit der Regierung, Unabhängigkeit der Gerichte, Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, ein Mehrparteiensystem sowie freie, gleiche und geheime Wahlen aus. 

Die Demokratie mit ihren Werten führt zu unserem Land wie wir es kennen. Zuletzt konnte die Demokratie in der Bundestagswahl Ende Februar erfahren werden. Aktuell finden dazu die Koalitionsverhandlungen statt.

Auch in der katholischen Kirche spielt eine Form der Demokratie eine gewisse Rolle. So wählen die Kardinäle in den nächsten Wochen unseren neuen Papst. 

Die Demokratie ist ein wichtiger Baustein im Leben, wie wir es hier in Deutschland kennen. Doch was wäre unser Land ohne die Demokratie? Wäre unser Leben genauso sicher und lebenswert?

Reicht es, um mit den Worten von Adolph Kolping zu sprechen „Nur mutig vorwärts“ oder bedarf es dazu nicht noch mehr?

Gib mir 'n kleines bisschen Sicherheit 
In einer Welt in der nichts sicher scheint 

Sicherheit, das wünschen wir uns auch für die Demokratie in unserem Land. Vielfältige Bedrohungen verunsichern die Menschen in Deutschland und Europa. Die gesellschaftlichen Kohäsionskräfte werden zunehmend ausgehöhlt und die Stabilität des demokratischen Miteinanders als Ganzes in Frage gestellt. Wir suchen nach Argumenten und Handlungsalternativen in der Überzeugung, dass die Demokratie auch weiterhin die beste Form für ein menschliches Miteinander ist.

Bei unseren Anstrengungen dieses Miteinander zu stärken, sind wir eingeladen, uns vertrauensvoll vom Wort Gottes inspirieren zu lassen. In der Bibel wird man das Wort „Demokratie“ vergeblich suchen, aber sie bietet uns grundlegende Prinzipien an, die für unser Miteinander in Staat und Gesellschaft unerlässlich sind.

„Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ (Gen 1,26f) 

Gleich zu Beginn der Bibel erfährt die Würde des Menschen ihre besondere Ausprägung. Der biblische Grundsatz der Ebenbildlichkeit des Menschen findet seine Fortsetzung im Artikel 1 unseres Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Diese Würde bedarf immer ein Du. Sie zu verteidigen lohnt jede Anstrengung! 

„Denn mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Hausherrn, der ganz frühmorgens hinausging, um Arbeiter in seinen Weinberg einzustellen. Nachdem er aber mit den Arbeitern um einen Denar den Tag übereingekommen war, sandte er sie in seinen Weinberg. Und als er um die dritte Stunde ausging, sah er andere auf dem Markt müßig stehen; und zu diesen sprach er: Geht auch ihr hin in den Weinberg! Und was recht ist, werde ich euch geben. Sie aber gingen hin. Wieder aber ging er hinaus um die sechste und neunte Stunde und machte es ebenso. Als er aber um die elfte Stunde hinausging, fand er andere stehen und spricht zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie sagen zu ihm: Weil niemand uns eingestellt hat. Er spricht zu ihnen: Geht auch ihr hin in den Weinberg! Als es aber Abend geworden war, spricht der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn, angefangen von den letzten bis zu den ersten! Und als die um die elfte Stunde Eingestellten kamen, empfingen sie je einen Denar. Als aber die ersten kamen, meinten sie, dass sie mehr empfangen würden; und auch sie empfingen je einen Denar. Da sie den aber empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn und sprachen: Diese letzten haben eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgemacht, die wir die Last des Tages und die Hitze getragen haben. Er aber antwortete und sprach zu einem von ihnen: Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht um einen Denar mit mir übereingekommen? Nimm das Deine und geh hin!“ 

Hier wird uns eine Praxis der Gerechtigkeit aufgezeigt, die sich von der Sorge leiten lässt, dass allen das Lebensnotwendige für sie selbst und die ihnen Anvertrauten zur Verfügung steht und niemandem die Partizipation an einem solchen Zusammenleben vorenthalten wird. Eine Geschichte, die uns erst einmal irritiert aber auf den zweiten Blick das Prinzip von Sozialstaatlichkeit aufleuchten lässt. Ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen ist hierfür die beste Voraussetzung. 

An diesen beiden Textstellen wird deutlich, wie uns das Wort Gottes bei unserem Einsatz für die Demokratie, der leider oft von Hilflosigkeit und Sprachlosigkeit geprägt ist, helfen und stärken kann. 

Darüber hinaus sollen zwei schöne und mutmachende Gedanken uns bei unserem Eintreten für ein demokratisches Miteinander begleiten: 

Jürgen Wiebicke schreibt in seinen “Zehn Regeln für Demokratieretter”: „Demokratie muss Erfahrungsräume schaffen, in denen wir uns in unserer Verschiedenheit begegnen und merken, dass man diese Räume weiter verschönern kann.“ 

In seinem Lehrschreiben „Laudato si´“ hat uns Papst Franziskus einen wunderbaren Gedanken für das gesellschaftliche Miteinander hinterlassen:  „Die Liebe voller kleiner Gesten und gegenseitiger Achtsamkeit betrifft auch das bürgerliche und das politische Leben und zeigt sich bei allen Gelegenheiten, die zum Aufbau einer besseren Welt beitragen. Die Liebe zur Gesellschaft und das Engagement für das Gemeinwohl sind ein hervorragender Ausdruck der Nächstenliebe, die nicht nur die Beziehungen zwischen den einzelnen Menschen angeht, sondern auch die Makro-Beziehungen – in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhängen.“ 

Ich lade ein, dass wir alle Sorgen, aber auch die Hoffnung und das Engagement für ein demokratisches Miteinander, hineinnehmen in das Gebet, das uns Jesus Christus gelehrt hat: Vater unser…

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsre Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Guter Gott, du hast uns die Freiheit geschenkt. Sie lässt uns selbstbestimmt entscheiden und ruft uns zur Verantwortung. 
Danke für die Demokratie, die uns Räume gibt, mitzugestalten und gehört zu werden.
Schenke uns Geduld, zuzuhören, Mut für das Richtige einzustehen und Weisheit, gute Kompromisse zu finden. 
Hilf uns, Ungerechtigkeit zu erkennen und dagegen aktiv zu werden, damit Frieden und Solidarität wachsen.
Zeig uns, wie wir mit kleinen Schritten die Welt verändern können, damit Frieden und Gerechtigkeit wachsen – bei uns, in unserem Land und in der ganzen Welt. 
Amen.

Herr, gib uns deinen Frieden,
gib uns deinen Frieden,
Frieden, gib uns deinen Frieden, Herr,
gib uns deinen Frieden.