Gib mir 'n kleines bisschen Sicherheit
In einer Welt in der nichts sicher scheint
Sicherheit, das wünschen wir uns auch für die Demokratie in unserem Land. Vielfältige Bedrohungen verunsichern die Menschen in Deutschland und Europa. Die gesellschaftlichen Kohäsionskräfte werden zunehmend ausgehöhlt und die Stabilität des demokratischen Miteinanders als Ganzes in Frage gestellt. Wir suchen nach Argumenten und Handlungsalternativen in der Überzeugung, dass die Demokratie auch weiterhin die beste Form für ein menschliches Miteinander ist.
Bei unseren Anstrengungen dieses Miteinander zu stärken, sind wir eingeladen, uns vertrauensvoll vom Wort Gottes inspirieren zu lassen. In der Bibel wird man das Wort „Demokratie“ vergeblich suchen, aber sie bietet uns grundlegende Prinzipien an, die für unser Miteinander in Staat und Gesellschaft unerlässlich sind.
„Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau.“ (Gen 1,26f)
Gleich zu Beginn der Bibel erfährt die Würde des Menschen ihre besondere Ausprägung. Der biblische Grundsatz der Ebenbildlichkeit des Menschen findet seine Fortsetzung im Artikel 1 unseres Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Diese Würde bedarf immer ein Du. Sie zu verteidigen lohnt jede Anstrengung!
„Denn mit dem Reich der Himmel ist es wie mit einem Hausherrn, der ganz frühmorgens hinausging, um Arbeiter in seinen Weinberg einzustellen. Nachdem er aber mit den Arbeitern um einen Denar den Tag übereingekommen war, sandte er sie in seinen Weinberg. Und als er um die dritte Stunde ausging, sah er andere auf dem Markt müßig stehen; und zu diesen sprach er: Geht auch ihr hin in den Weinberg! Und was recht ist, werde ich euch geben. Sie aber gingen hin. Wieder aber ging er hinaus um die sechste und neunte Stunde und machte es ebenso. Als er aber um die elfte Stunde hinausging, fand er andere stehen und spricht zu ihnen: Was steht ihr hier den ganzen Tag müßig? Sie sagen zu ihm: Weil niemand uns eingestellt hat. Er spricht zu ihnen: Geht auch ihr hin in den Weinberg! Als es aber Abend geworden war, spricht der Herr des Weinbergs zu seinem Verwalter: Rufe die Arbeiter und zahle ihnen den Lohn, angefangen von den letzten bis zu den ersten! Und als die um die elfte Stunde Eingestellten kamen, empfingen sie je einen Denar. Als aber die ersten kamen, meinten sie, dass sie mehr empfangen würden; und auch sie empfingen je einen Denar. Da sie den aber empfingen, murrten sie gegen den Hausherrn und sprachen: Diese letzten haben eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgemacht, die wir die Last des Tages und die Hitze getragen haben. Er aber antwortete und sprach zu einem von ihnen: Freund, ich tue dir nicht unrecht. Bist du nicht um einen Denar mit mir übereingekommen? Nimm das Deine und geh hin!“
Hier wird uns eine Praxis der Gerechtigkeit aufgezeigt, die sich von der Sorge leiten lässt, dass allen das Lebensnotwendige für sie selbst und die ihnen Anvertrauten zur Verfügung steht und niemandem die Partizipation an einem solchen Zusammenleben vorenthalten wird. Eine Geschichte, die uns erst einmal irritiert aber auf den zweiten Blick das Prinzip von Sozialstaatlichkeit aufleuchten lässt. Ein demokratisch verfasstes Gemeinwesen ist hierfür die beste Voraussetzung.
An diesen beiden Textstellen wird deutlich, wie uns das Wort Gottes bei unserem Einsatz für die Demokratie, der leider oft von Hilflosigkeit und Sprachlosigkeit geprägt ist, helfen und stärken kann.
Darüber hinaus sollen zwei schöne und mutmachende Gedanken uns bei unserem Eintreten für ein demokratisches Miteinander begleiten:
Jürgen Wiebicke schreibt in seinen “Zehn Regeln für Demokratieretter”: „Demokratie muss Erfahrungsräume schaffen, in denen wir uns in unserer Verschiedenheit begegnen und merken, dass man diese Räume weiter verschönern kann.“
In seinem Lehrschreiben „Laudato si´“ hat uns Papst Franziskus einen wunderbaren Gedanken für das gesellschaftliche Miteinander hinterlassen: „Die Liebe voller kleiner Gesten und gegenseitiger Achtsamkeit betrifft auch das bürgerliche und das politische Leben und zeigt sich bei allen Gelegenheiten, die zum Aufbau einer besseren Welt beitragen. Die Liebe zur Gesellschaft und das Engagement für das Gemeinwohl sind ein hervorragender Ausdruck der Nächstenliebe, die nicht nur die Beziehungen zwischen den einzelnen Menschen angeht, sondern auch die Makro-Beziehungen – in gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhängen.“
Ich lade ein, dass wir alle Sorgen, aber auch die Hoffnung und das Engagement für ein demokratisches Miteinander, hineinnehmen in das Gebet, das uns Jesus Christus gelehrt hat: Vater unser…