Sie sind allgegenwärtig und für viele von uns ständige Begleiter: unsere Smartphones und Handys. Mittlerweile haben auf der Welt mehr Menschen ein Handy als eine Zahnbürste. Und die Industrie sorgt mit massiver Werbung dafür, dass die Nutzer immer wieder neue Modelle kaufen, obwohl die alten noch funktionieren. Nach Angaben des Umweltbundesamtes behalten die Deutschen ihr Handy im Schnitt zweieinhalb Jahre lang. Die alten Handys landen in der Schublade, und es werden immer mehr. Zurzeit verstauben in deutschen Haushalten 124 Millionen Handys und mit ihnen wertvolle Minerale und Metalle wie Gold, Kupfer und Coltan. 41 Handys enthalten zusammen ca. ein Gramm Gold. Dafür müssen in den Goldminen 1.000 Kilogramm Golderz geschürft und anschließend verarbeitet werden. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit ist es also sinnvoll, die Althandys wieder zu verwerten. Doch der sorglose Umgang mit kostbaren Rohstoffen ist nur ein wichtiger Grund, um Handys zu sammeln, andere Gründe sind die Gewalt und die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen,die mit dem Abbau der wertvollen Stoffe wie Gold, Kupfer, Coltan verbunden sind. Seit mehreren Jahren informieren die katholischen Hilfswerke missio Aachen und missio München über diese Zustände, um sie öffentlich zu machen und Verbesserungen herbeizuführen. Deshalb hat missio auch vor einigen Jahren die Handyspendenaktion gestartet, die das Kolpingwerk Deutschland jetzt als Kooperationspartner unterstützt. Die gesammelten Handys werden einer Wiederverwertung bzw. einem Wertstoffrecycling zugeführt. Und seit dem Weltflüchtlingstag,dem 20. Juni, beteiligt sich das Kolpingwerk Deutschland an dieser Aktion. Bei der gemeinsamen Auftaktveranstaltung von missio und Kolping in Lippstadt sagte Bundessekretär Ulrich Vollmer: „Als Kooperationspartner unterstützen wir die Aktion ‚Alte Handys für einen guten Zweck‘ von missio. Sie ist wichtig und wertvoll, denn damit können wir gemeinsam auf die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen im Kongo aufmerksam machen, die viel mit unseren Handys zu tun haben.“ Im vergangenen Jahr hatte das Kolpingwerk mit der Veröffentlichung eines Positionspapieres die Bekämpfung von Fluchtursachen gefordert. Dazu sagte Ulrich Vollmer: „Wir gehen jetzt gemeinsam mit missio mit gutem Beispiel voran und handeln. Deshalb rufen wir alle Menschen, die an Nachhaltigkeit und der Vermeidung von Fluchtursachen interessiert sind, und hier besonders unsere Kolpingmitglieder, zum Mitmachen auf.“ Das Kolpingwerk wird seinen Anteil des Erlöses aus der Handyspendenaktion für die Bewusstseinsbildung zur Bekämpfung von Fluchtursachen verwenden. Missio unterstützt mit seinem Anteil des Erlöses Trauma-Zentren in der Erzdiözese Bukavu im Osten des Kongo.

Wie dramatisch die Situation in der Demokratischen Republik Kongo ist, darüber hat das Kolpingmagazin mit Abbé Justin Nkunzi, dem Direktor von Justitia et Pax in Bukavu, gesprochen (Bericht auf Seite 11).

Schaut man auf die Rohstoffe, dann ist die Demokratische Republik Kongo ein reiches Land. Gerade der Osten des Landes, in dem auch das Erzbistum Bukavu liegt, ist reich an wertvollen Rohstoffen wie Gold und Coltan. Doch laut dem Weltentwicklungsbericht der Vereinten Nationen von 2015 steht das Land auf Platz 176 im Weltentwicklungsindex und ist damit eines der ärmsten Länder der Welt. Für die allermeisten Kongolesen ist der Reichtum kein Segen, sondern ein Fluch. Rebellengruppen zwingen Menschen, die Rohstoffe für sie abzubauen. Viele Menschen werden praktisch versklavt, und der Abbau erfolgt illegal und unkontrolliert, ohne jegliche Sicherheitsvorkehrungen. Missio berichtet immer wieder von schlimmsten Menschenrechtsverletzungen: von überfallenen Dörfern, getöteten Menschen, vergewaltigten Frauen, versklavten Kindern. Das Militär ist korrupt, arbeitet oft mit den Rebellen zusammen, und Soldaten werden am Erlös aus dem Handel mit den Rohstoffen beteiligt. Der überwiegende Teil der Rohstoffe verlässt das Land auf undurchsichtigen Handelswegen. Minerale und Metalle, an denen sprichwörtlich Blut klebt, werden eingeschmolzen, die Herkunft ist nicht mehr zu ermitteln und die Stoffe gelten als „sauber“.

Missio hat eine Menschenrechtsstudie mit dem Titel „DR Kongo – Der Krieg, die Frauen und unsere Handys“, vorgelegt. Darin steht, dass Rebellen gezielt die Gebiete erobern, in denen Mineralien wie Tantal und Gold zu finden sind – beides unerlässliche Stoffe für die Smartphone-Produktion. Dort verüben die bewaffneten Gruppen systematisch brutale Massenvergewaltigungen. Abbé Justin Nkunzi bezeichnet die Region als „Schlachtfeld aller Mafiaorganisationen, die direkt oder indirekt mit lokalen Interessengruppen zusammenarbeiten, um sich hinter dem Rücken unserer Bevölkerung zu bereichern“. Die Erzdiözese Bukavu hat als Reaktion auf das Leid der Menschen im Osten des Kongo Beratungsbüros, die sogenannten Bureaux d’Écoute, eingerichtet. Psychologisch geschulte Kräfte, je eine Frau und ein Mann, ermutigen die Gewaltopfer zu sprechen, und sie hören ihnen zu. Verletzte vermitteln sie an Gesundheitszentren zur Behandlung. Juristische Hilfe wird angeboten, um nach Möglichkeit der Täter habhaft zu werden. Die Mitarbeitenden der Traumazentren unterstützen die Dorfgemeinschaften bei der schwierigen Versöhnungsarbeit. Auch die Kinder, die infolge einer Vergewaltigung zur Welt gekommen sind, brauchen Hilfe. Denn sie werden von der Gesellschaft ausgegrenzt und brauchen Hilfe bei der Integration.

Jetzt Aktionsboxen bestellen!

Die gemeinsame Handyspendenaktion von missio und dem Kolpingwerk Deutschland ist zunächst auf ein Jahr ausgelegt. Sie wurde mit der Auftaktveranstaltung in Lippstadt gestartet. Mitglieder der Kolpingsfamilie, Vertreter des Diözesanverbandes Paderborn und Schüler des Ostendorf-Gymnasiums haben am Weltflüchtlingstag die ersten Handys gespendet und sich entschlossen, Annahmestellen für Alt-Handys einzurichten. Jetzt sind auch alle anderen Kolpingsfamilien und andere Interessierte aufgerufen, Sammelboxen zu bestellen und Annahmestellen einzurichten.

Wie das geht, steht ausführlich beschrieben im Internet unter www.kolping.de/handyaktion/ und in Idee & Tat 3-2018, der Zeitschrift für Leitungskräfte und Engagierte im Kolpingwerk Deutschland. Die Althandys gehen an die Kölner Firma Mobile-Box, die zwei Jungunternehmer gegründet haben. 

Mobile-Box prüft zunächst alle Handys und löscht die noch verbliebenen persönlichen Daten. Handys bei denen es sich lohnt, werden repariert und innerhalb Europas zum Verkauf angeboten. Was nicht zu reparieren ist, wird an eine Recyclingfirma weitergegeben, die die wertvollen Minerale und Metalle herausholt und in den Wertstoffkreislauf zurückführt. Möglichkeiten für das Aufstellen einer Sammelbox gibt es sicherlich viele: z.B. im Kolpinghaus, in der Pfarrei, bei Festen, bei Kolping-Versammlungen, am „Eine-Welt-Stand“ oder auf dem Weihnachtsmarkt.

Auch die Kolpingjugend im Kolpingwerk Deutschland ruft zum Mitmachen auf. Zum Bundesjugend-Event „Sternenklar“, das vom 28. bis 30. September in Frankfurt am Main stattfindet, können Jugendliche Handys mitbringen. Die Kooperation im Rahmen der Handyspendenaktion soll zunächst bis zum nächsten Weltflüchtlingstag, den 20. Juni 2019, laufen. Für diesen Tag planen missio und das Kolpingwerk Deutschland eine Abschlussveranstaltung. Ausdrücklich begrüßt auch der Bundesfachausschuss „Verantwortung für die Eine Welt“ die Beteiligung an der Handyaktion. Im vergangenen Jahr hatte er interessierte Kolpingmitglieder zur Fachtagung „Bekämpfung von Fluchtursachen“ nach Coesfeld eingeladen, bei dem die Teilnehmenden auch überlegt haben, wie sie das Thema in die Kolpingarbeit vor Ort integrieren können. Mit der Handyaktion bietet sich jetzt eine einfache Möglichkeit zum Engagement.


Die Menschen sind schwer traumatisiert

Im Gespräch mit dem Kolpingmagazin spricht  Abbé Justin Nkunzi über die große Bedeutung der Handy-Spendenaktion für die Menschen im Kongo.

Auch nach dem zweiten Kongokrieg, der im Jahr 2003 endete, kommt die Demokratische Republik Kongo nicht zur Ruhe: Im Osten des Landes gibt es weiterhin bewaffnete Konflikte. Abbé Justin Nkunzi sagt: „Wir von Justitia et Pax schauen, wie die Kirche den Opfern von Krieg und Gewalt helfen kann, und wir suchen nach Wegen, um Versöhnung zu finden.“ Es gebe einen direkten Zusammenhang zwischen dem Abbau wertvoller Rohstoffe wie Gold und Coltan und der Gewalt. Bewaffnete Gruppen kontrollieren die illegalen Minen und zwingen Menschen, dort zu arbeiten. Mit den Erlösen aus dem Verkauf der Rohstoffe kaufen sie Waffen, mit denen sie dann die Gebiete in ihrer Hand kontrollieren können.

Die Rohstoffe werden oft unter freiem Himmel mit einfachsten Werkzeugen und ohne Schutzkleidung abgebaut. Beim Goldabbau werden giftige Chemikalien, z. B. Quecksilber, eingesetzt, die das Grundwasser verschmutzen. Kinder, die in den Minen arbeiten und nicht zur Schule gehen können, schließen sich später oft den Rebellen an, da es keine andere Perspektive für sie gibt. Die Menschen sind schlimmster Gewalt ausgesetzt. Um dem Leid der Opfer und ihrer Angehörigen etwas entgegenzusetzen, hat die Erzdiözese Bukavu sogenannte Bureaux d’Écoute (Orte des Zuhörens) aufgebaut. Dort empfangen die geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gewaltopfer: Kinder, die ihre Eltern oder ihre ganze Familie verloren haben, vergewaltigte Frauen, Männer, die mit ansehen mussten, wie ihre Frauen vergewaltigt und oft auch umgebracht wurden. Die Menschen, die Hilfe suchen, sind schwer traumatisiert. „Wir empfangen jeden, unabhängig von Herkunft und Religionszugehörigkeit“, sagt Abbé Justin Nkunzi. Viele brauchen zunächst medizinische Hilfe, weil sie oft sehr krank und schwer verletzt und immer traumatisiert sind. Ganz wichtig ist dann das Zuhören in einer vertrauenswürdigen Atmosphäre. „Zuhören ist oft die wichtigste Medizin“, sagt Abbé Justin Nkunzi.

Vergewaltigte Frauen schämen sich, fühlen sich selbst schuldig und werden oft von ihren Männern, ihrer Familie, ihrem Dorf verstoßen. Deshalb versuchen die Mitarbeiter auch die Männer und die Dorfgemeinschaft mit einzubeziehen, um in Paargesprächen bzw. in Gesprächen mit der Dorfgemeinschaft zu verdeutlichen, dass alle von dem Unglück betroffen sind. Wenn die Menschen gesundheitlich und auch psychisch stabiler sind, helfen die Mitarbeiter der Traumazentren den Menschen, wieder ins aktive Leben zurückzufinden: Die Gewaltopfer sollen in ihre Dörfer zurückkehren können, Kindern soll ein Schulbesuch ermöglicht werden.

Vor drei Jahren gab es noch 18 dieser Traumazentren. Doch 14 mussten geschlossen werden, weil das Geld fehlt. Umso wichtiger ist der Erhalt der verbliebenen vier Zentren, zu deren Erhalt und Betrieb missio wesentlich beiträgt. missio unterstützt das Programm, informiert sich vor Ort und bringt Journalisten mit, die über die Situation berichten. Abbé Justin Nkunzi dankt ausdrücklich auch Kolping für seine Unterstützung im Rahmen der Handyspendenaktion, und hier besonders auch der Kolpingjugend, die mit Blick auf das Jugendevent „Sternenklar“ alle Jugendlichen zur Beteiligung aufruft.

Langfristig will die Erzdiözese Bukavo 40 Traumazentren aufbauen, eins in jeder Pfarrei. Doch dafür fehlt zurzeit das Geld.

Abbé Justin Nkunzi ist Priester der Erzdiözese Bukavu im Osten der DR Kongo. Seit Jahren engagiert er sich in der diözesanen Kommission „Justitia et Pax“. Die Kommission bietet Programme an zur psychosozialen Begleitung von durch Gewalt traumatisierte Menschen.


Kolping-Forderung

Fluchtursachen bekämpfen!

Das Kolpingwerk hat im vergangenen Jahr mit der Veröffentlichung eines Positionspapieres die Bekämpfung von Fluchtursachen gefordert. Das Papier trägt den Titel „Fluchtursachen bekämpfen als globale Herausforderung unseres Jahrhunderts“. Download als PDF 


Handy-Spendenaktion

Die wichtigsten Infos

  • Als Kooperationspartner unterstützt das Kolpingwerk Deutschland die Handyspendenaktion von missio. Die gemeinsame Spendenaktion läuft bis zum 20. Juni 2019 (Weltflüchtlingstag).
  • Materialien für eine Kolping-Annahmestelle sind kostenfrei zu bestellen unter (02 41) 75 07-490 oder per E-Mail unter bestellungen[at]missio-hilft.de
  • Bitte erwähnt bei der Materialbestellung den Namen der Kolpingsfamilie, dann erhaltet Ihr das extra für Kolping produzierte Material. Nur wenn Ihr dieses Material verwendet, können Eure Handys für Kolping gezählt werden und das Kolpingwerk Deutschland erhält seinen Anteil am Erlös.
  • Weitere Informationen finden Teilnehmende aus den bayerischen Diözesanverbänden und dem Diözesanverband Speyer online bei missio München unter missio-handyaktion.de/kolping
  • Teilnehmende aus allen anderen Diözesanverbänden können sich bei missio Aachen informieren unter missio-hilft.de/kolping-handys
  • ausführliche Infos auf www.kolping.de/handyaktion und in Idee & Tat Ausgabe 3-2018
  • Unter allen Einsendern von Handys verlosen missio Aachen und missio München fair gehandelte Handys.


Mobile Box

Mobile-Box in Köln sammelt Handys und bereitet sie für die Wiederverwertung bzw. für ein Wertstoffrecycling vor.

1. Sichten

In einem ersten Schritt sichtet ein Mitarbeiter alle ankommenden Handys. Aus Geräten, die definitiv nicht mehr zu reparieren sind, werden später Ersatzteile für andere Handys ausgebaut. Nicht verwertbare Handys kommen in einen Container und werden später an ein Recyclingunternehmen weitergegeben, um die wertvollen Rohstoffe herauszuholen.


2. Prüfung / Sortierung

Im zweiten Schritt werden die verbleibenden Handys umfassend geprüft. Alle Funktionen wie Anrufen, Kamera, Lautsprecher, WLAN etc. werden getestet. Verwertbare Ersatzteile werden gesammelt und sortiert aufbewahrt.


3. Reparatur

Handys werden für den Verkauf vorbereitet. Die werden repariert. Ersatzteile werden eingesetzt. Es erfolgt eine umfassende Löschung aller auf den Handys vorhandenen Daten.


4. Reinigung

Die für den Verkauf geeigneten Handys werden sorgfältig innen und außen gereinigt.


5. Verkauf

Handys werden im Internet verkauft, unter anderem im firmeneigenen Shop www.futurephones-shop.de 


Eine Kooperation von:


Fotos: Barbara Bechtloff, Harald Oppitz (missio), Christin Neumann, Peter Körtling (missio), Georg Wahl