Die Ergebnisse der Umfrage "Digitalisierung und Familie"
Unsere Alltagswelt wird maßgeblich durch Prozesse der Digitalisierung mitbestimmt. Eine digitale Lebenswelt gehört für viele Menschen weltweit zum Alltag. Aus der rasanten technischen Entwicklung ergeben sich jedoch auch Fragen, denen auch wir uns als Kolpingwerk Deutschland stellen wollen.
Auf der gemeinsamen Fachtagung in Wolfsburg haben sich die Bundesfachausschüsse mit dem Thema der Digitalisierung, aus ihrer jeweiligen Perspektive, auseinandergesetzt. Aus den thematischen Bezügen sind wichtige Impulse – auch für Kolpingsfamilien – erwachsen, die für den Bereich der Arbeitswelt (Ausgabe 1/2018) sowie der Familie (Ausgabe 2/2018) bereits in Idee & Tat veröffentlicht wurden (siehe hier).
In Familien sind verschiedene Generationen mit den Anforderungen der Digitalisierung konfrontiert. Im Familienalltag zeigt sich bereits, wie sehr digitale Medien das Zusammenleben von Familien prägen. Daraus ergeben sich unter anderem folgende Fragen:
- Wie können Kinder und Jugendliche im Umgang mit digitalen Medien begleitet werden?
- Wie beeinflussen digitale Medien den Alltag von Familien?
- Wirkt sich die Digitalisierung auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus?
Aufgrund der bisherigen Diskussion zum Thema Digitalisierung könnten mit Blick auf das familiäre Zusammenleben zwei Thesen verfolgt, aber auch unterschieden werden:
These 1: Familien nutzen die Möglichkeiten digitaler Technik, um ihr Familienleben besser zu organisieren sowie die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern zu erleichtern und zu verbessern.
These 2: Prozesse der Digitalisierung gefährden das soziale Zusammenleben und den sozialen Zusammenhalt von Familien. Kommunikation läuft nur noch „online“ ab, ein Alltag als Familie, die gemeinsam etwas erlebt, wird immer seltener.
Welche Perspektive nehmen unsere Mitglieder ein? Wie erleben sie Prozesse der Digitalisierung innerhalb ihres Familienlebens? Mit Blick auf die beiden vorgestellten Thesen kann von einem deutlichen Ergebnis gesprochen werden. An dieser Stelle wollen wir die Ergebnisse im Detail vorstellen und bedanken und herzlich bei allen, die an der Umfrage teilgenommen haben.
An der Umfrage haben 356 Personen teilgenommen. 245 Teilnehmer (69 Prozent) waren männlich, 111 (31 Prozent) weiblich. Der Großteil der Befragten (52 Prozent) war 45 bis 65 Jahre alt. Von Bedeutung ist, dass 74 Prozent der Befragten selber Mutter oder Vater sind, sodass die Umfrage von ihnen aus ihrer Perspektive als Eltern beantwortet wurde. Weiterhin ist von Bedeutung, dass 65 Prozent der Befragten aktuell erwerbstätig sind und damit Anforderungen der Arbeitswelt mit jenen des Familienlebens verbinden müssen.
Zu Beginn der Umfrage konnten sich die Befragten zu folgender Aussage positionieren: „Mein Familienleben wird durch die Digitalisierung beeinflusst“. Dieser Aussage stimmen 66 Prozent (trifft voll zu 38 Prozent, trifft eher zu 28 Prozent) zu. 22 Prozent der Befragten stimmen der Aussage „teils-teils“ zu und 12 Prozent der Befragten können ihr nicht zustimmen.
Anschließend erfolgte eine Abfrage, welche Aspekte familialer Interaktion durch die Digitalisierung beeinflusst werden. Hier zeigt sich, dass die Beteiligten eine Beeinflussung der Digitalisierung in Bereichen sozialer Interaktion feststellen können. 324 Personen (91 Prozent) gaben an, dass die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern durch die Digitalisierung beeinflusst wird. Jeweils etwa 51 Prozent der Befragten nehmen wahr, dass die Organisation des Familienalltags sowie die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander durch die Digitalisierung beeinflusst werden. Nur wenige der Befragten sind der Meinung, dass die Erziehung der Kinder (17 Prozent) sowie die Gestaltung von Ritualen im Familienleben (18 Prozent) von Prozessen der Digitalisierung betroffen sind.
In der Zusammenschau der Freifeldantworten („Sonstiges“) zeigt sich ein äußerst unterschiedliches Bild. Hier verweisen einige der Befragten auf negative Aspekte (Handynutzung als „Streitthema Nummer 1 oder Ausgrenzungserfahrungen, weil bestimmte Apps nicht benutzt werden), aber auch Positives wird hervorgehoben (schnelle Informationsbeschaffung, Kontakt kann gehalten werden).
Dass digitale Medien die Organisation des Familienalltags erleichtern, sagen insgesamt 58 Prozent der Befragten (trifft eher zu 33 Prozent, trifft voll zu 25 Prozent). Allerdings sind hier etwa 30 Prozent unentschieden (teils teils) und etwa 10 Prozent der Befragten stimmen der Aussage nicht zu. Demgegenüber stehen folgerichtig lediglich 54 Personen (14 Prozent), die angeben, dass die Digitalisierung das Familienleben erschwert. 53 Prozent der Befragten lehnen diese Aussage ab.
Im Alltag wird der Kontakt zu Familienmitgliedern immer mehr durch digitale Medien (zum Beispiel durch Smartphones und die Nutzung von Software wie Whatsapp) geprägt. So sehen es 61 Prozent der Befragten. Nur 14 Prozent können dieser Aussage nicht zustimmen bzw. sind (24 Prozent) unentschieden.
Dass digitale Medien eine Chance für Familienmitglieder sind, einen intensiven Kontakt zu pflegen, sehen 51 Prozent der Befragten positiv. 18 Prozent stimmen der Aussage nicht zu und 30 Prozent sind unentschieden („teils-teils“). Etwa 1 Prozent der Befragten hat zu dieser Aussage keine Antwort gegeben. Auffällig ist, dass die Zustimmung für diese Aussage signifikant vom Alter der Befragten abhängig ist: Während bei den unter 35-jährigen 68 Prozent der Aussage zustimmen, beträgt die Zustimmungsrate bei den über 55-jährigen nur noch 49 Prozent.
Gefragt wurde weiter danach, ob die Digitalisierung des alltäglichen Familienlebens eine Belastung von Eltern darstellt. 48 Prozent geben an, dass die Belastungen von Eltern „gleich geblieben sind“. 29 Prozent sagen, die Belastungen sind gestiegen, 8 Prozent sagen, die Belastungen sind sogar stark gestiegen. Interessant ist, dass alle Eltern die Belastungen weniger groß einschätzen. Kinderlose sind demnach eher der Meinung, dass die Anforderungen an Eltern durch die Digitalisierung gestiegen sind. In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, dass 44 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass der Bedarf an Unterstützung bei der Erziehung, vor dem Hintergrund der Digitalisierung, gleichgeblieben ist. 31 Prozent gehen von einem gestiegenen Unterstützungsbedarf von Eltern aus. Auch hier scheinen Eltern ein wenig entspannter zu sein: Während 25 Prozent der Eltern von einem höheren Unterstützungsbedarf ausgehen, sind es 31 Prozent der Kinderlosen, die zu dieser Einschätzung kommen.
Beeinflussen Prozesse der Digitalisierung die für die Familie zur Verfügung stehende Zeit? Die Mehrheit der Befragten (48 Prozent) sagt: Die gemeinsam als Familie verbrachte Zeit ist gleichgeblieben, wie die Abbildung zeigt.
Deutlich zeigt sich jedoch die Tendenz, dass die Mehrheit der Befragten der Meinung ist, dass die Digitalisierung dazu führt, dass Familien eher weniger Zeit miteinander verbringen. So sagen insgesamt 42 Prozent der Befragten, dass die gemeinsam als Familie verbrachte Zeit vor dem Hintergrund der Digitalisierung gesunken bzw. stark gesunken ist.
Digitalisierung beeinflusst die Beziehungsqualität der Familienmitglieder untereinander. Ein Großteil der Befragten (51 Prozent) ist hier unentschieden („teils-teils“). Insgesamt sind 25 Prozent der Meinung, dass die Beziehungsqualität, vor dem Hintergrund der Digitalisierung, gesunken ist, während 20 Prozent der Meinung sind, dass sich die Beziehungen in Familien verbessert haben (etwa 4 Prozent der Befragten haben keine Antwort gegeben) .
Wird auch der Zusammenhalt in Familien durch die Digitalisierung beeinflusst? Die große Mehrheit der Befragten (66 Prozent) sieht hier keinen Zusammenhang. Wenn ein Einfluss konstatiert werden kann, dann ein positiver: 19 Prozent gehen davon aus, dass der Zusammenhalt in Familien durch den Einfluss der Digitalisierung gestiegen ist, während 9 Prozent davon ausgehen, dass der Zusammenhalt durch Prozesse der Digitalisierung eher sinkt.
Der Aufwand für die Organisation des Familienalltags ist durch die Digitalisierung gesunken. Zu dieser Einschätzung kommen insgesamt 42 Prozent der Befragten (stark gesunken 3 Prozent, gesunken 39 Prozent).
37 Prozent der Befragten sehen dies eher ausgeglichen („teils-teils“) und etwa 15 Prozent gehen davon aus, dass der Aufwand für die Organisation des Alltags als Familie durch die Digitalisierung eher gestiegen ist.
Wird das Zusammenleben von Familien durch die Digitalisierung bedroht, oder kann es beispielsweise durch digitale Medien eher profitieren? Zunächst haben wir danach gefragt, ob das Zusammenleben als Familien durch die mit der Digitalisierung einhergehenden Entwicklungen profitieren kann. Dieser Aussage stimmen 61 Prozent der Befragten zu. Lediglich 17 Prozent der Befragten stimmen dem nicht zu. Die Freifeld-Antworten geben hier detaillierte Einblicke: Viele der Befragten verweisen auf die Kommunikationsmöglichkeiten, mit denen Termine spontan koordiniert werden können. Auf verweisen viele darauf, dass Familienmitglieder am Familienleben teilhaben können, auch wenn sie nicht mehr im selben Ort leben. Austausch und das Gefühl familialer Verbundenheit können vielen der Befragten zufolge somit auch über digitale Medien ermöglicht und vermittelt werden.
Umgekehrt wurde danach gefragt, ob die Entwicklungen der Digitalisierung das Familienleben bedrohen. 41 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage zu, 46 Prozent verneinen dies. Aus den Freifeld-Antworten lässt sich die Sorge ablesen, dass persönliche Gespräche und reale soziale Kontakte möglicherweise weniger werden. Eine Aussage fasst die Diskussionen gut zusammen: „So wie die Digitalisierung in der Distanz Nähe schafft, bewirkt sie in der Nähe Distanz.“
Zusammenfassend abschließend danach gefragt, ob sich die familiären Beziehungen in den vergangenen fünf Jahren vor dem Hintergrund der Digitalisierung verändert haben. Die nachfolgende Abbildung zeigt ein differenziertes, in der Tendenz jedoch positives Bild.
Die Mehrheit der Befragten (48 Prozent) gibt an, dass die Beziehungen gleichgeblieben sind. 22 Prozent nehmen eine Verbesserung wahr, 9 Prozent sprechen von einer negativen Entwicklung. Auffällig hoch ist der Anteil derjenigen, die keinen Zusammenhang sehen (16 Prozent) oder keine Einschätzung abgeben können (5 Prozent).
Wir laden herzlich dazu ein, sich in den Kolpingsfamilien mit dem Thema der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Erste Ideen und Impulse dazu liefern die Beiträge aus den Bereichen Arbeitswelt sowie Familie in den Idee und Tat-Ausgaben 1 und 2 diesen Jahres. Übrigens: 13 Prozent der Befragten geben an, sich bereits in ihrer Kolpingsfamilie mit dem Thema „Digitalisierung und Familie“ auseinandergesetzt zu haben. 16 Prozent planen eine solche Veranstaltung in und mit ihrer Kolpingsfamilie.
So wie auch Familien vor dem Hintergrund ihrer eigenen Lebenswelt immer einzigartig sind, so vielfältig fallen auch die Ergebnisse der Umfrage aus. Vor- und Nachteile der Digitalisierung können benannt werden. Dies gilt für viele Lebensbereiche, insbesondere aber für das Familienleben, dass für viele Menschen eine sehr hohe Bedeutung besitzt. In den Familien treffen dabei häufig noch Generationen aufeinander, die jeweils ganz unterschiedliche Erfahrungen mit der digitalen Technik gemacht haben: Während Kinder heute selbstverständlich in eine von digitalen Medien durchdrungene Lebenswelt hineinwachsen, mussten sich viele der Eltern- und Großelterngeneration den Umgang mit der digitalen Technik bewusst erschließen und erlernen. Zwar zeigen sich Unterschiede zwischen den jeweiligen Altersstufen auch in dieser Umfrage, allerdings überwiegt eine differenzierte Einschätzung: Alle Beteiligten sehen Chancen und Risiken der Digitalisierung zugleich.
Das Kolpingwerk Deutschland wird sich weiterhin in die Debatten um die Digitalisierung (in) unserer Gesellschaft einbringen. Wir wollen mitgestalten an einem bewussten Umgang der Menschen mit einer digitalen Technik, die den Menschen und einem sozialen und gerechten Miteinander dient.