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Rente, Tarifbindung, Handwerk – Ständige Kommission in Wien

Im Rahmen ihres aktuellen Arbeitsschwerpunktes hat sich die ständige Kommission Arbeitswelt und Soziales mit Gesprächspartner*innen aus Ministerien, Kammern und ÖGB in Wien getroffen. Auch ein Austausch mit der Verbandsspitze von Kolping Österreich stand auf dem Programm.

Nicht selten wird Österreich als Vorbild genannt, wenn es um Rentenleistungen, Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung geht. Die ständige Kommission Arbeitswelt und Soziales des Bundesvorstandes nahm dies zum Anlass, um mit Entscheidungsträger*innen im südlichen Nachbarland ins Gespräch zu kommen. 

Im Rahmen des zweitägigen Austausches kamen für die zwölf ehren- und hauptamtlichen Mitglieder der Kommission, die sich in die Fachgruppen Arbeitswelt, Handwerk und Soziales unterteilt, interessante Erkenntnisse zusammen. So wartete ein fünfköpfiges Team im Bundesministerium für Soziales und Gesundheit mit einem Vergleich der deutschen und österreichischen Rentensysteme auf. Spannend war unter anderem die Erkenntnis, dass das gesetzliche Rentensystem der Alpenrepublik nicht nur insgesamt 14 Monatsrenten vorsieht, sondern Beamte und Angestellte in das gleiche System einzahlen und seit einer Reform vor 20 Jahren vergleichbare Leistungen erhalten. Während eines weiteren Gesprächs im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft ging es speziell um den Bereich Handwerk und das System der beruflichen Ausbildung in Österreich. 

Bei der Kammer für Arbeiter und Angestellte stand ein Austausch über die weite Verbreitung von Kollektivverträgen im Mittelpunkt. Während in Deutschland nur jede*r zweite Beschäftigte tarifvertraglich abgesichert ist, finden sich in Österreich nahezu keine Arbeitsverhältnisse ohne Tarifvertrag. Dies beruhe insbesondere auf der verpflichtenden Mitgliedschaft von Unternehmen in der Wirtschaftskammer, sodass die Gewerkschaften in jeder Branche auf einen organisierten Sozialpartner träfen, wie Jimmy Müller vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) erklärte. Dennoch sei auch der österreichische Arbeitsmarkt nicht frei von prekären Beschäftigungsverhältnissen. Daneben wurden auch Fragen zum System der dualen Ausbildung aufgegriffen und ein Projekt zur Berufsorientierung vorgestellt.

Die weite Verbreitung von Kollektivverträgen war auch Thema im Gespräch mit Professor Kainz, Geschäftsführer der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer. Dabei wurde deutlich, dass die hohe Tarifbindung auch im Interesse der Betriebe liegt, da sie zu besseren Wettbewerbsbedingungen beiträgt. Darüber hinaus wurden Fragen von beruflicher Bildung, Fachkräftebedarf und Meisterprüfungen thematisiert. Daran knüpfte ein Vortrag von Dr. Zellenberg, ebenfalls Wirtschaftskammer Österreich, an, der ausführlich in die Struktur des Kammerwesens einführte. Auch die derzeit angespannte politische Lage wurde während der verschiedenen Gespräche gestreift. Derzeit verhandeln die rechtspopulistische FPÖ und die christdemokratische ÖVP über einen Koalitionsvertrag, der angesichts einer gestiegenen Staatsverschuldung harsche Einschnitte im sozialen Sicherungsnetz vorsieht.

Zum Abschluss der zweitägigen Beratungen trafen die Mitglieder der Kommission im Bundessekretariat von Kolping Österreich mit Präsidentin Christine Leopold und Bundessekretär Wolfgang Engelmaier zusammen. Dabei zeigten sich überraschende Gemeinsamkeiten, aber auch interessante Unterschiede in der verbandlichen Arbeit von Kolping in Deutschland und Österreich. Mit mehr als 12.000 Engagierten ist Kolping Österreich zwar um einiges kleiner als der deutsche Schwesterverband. In Relation zur deutlich geringeren Einwohnerzahl verfügt Kolping Österreich dennoch über einen beeindruckenden Pool an Engagierten.

„Für die ständige Kommission Arbeitswelt und Soziales brachten die zweitägigen Beratungen in Wien spannende und weitreichende Einblicke mit sich, die auch Eingang in die weitere inhaltliche Arbeit finden werden“, resümiert Kathrin Zellner, ehrenamtliche Leiterin und Mitglied des Bundesvorstandes. Mit Blick auf arbeitsmarkt- und sozialpolitische Fragen habe man die Erkenntnis gewonnen, dass in Österreich zwar nicht alles anders, aber vieles besser gemacht werde. Auch wenn man die gewachsenen Strukturen in Deutschland und Österreich nicht in allem miteinander vergleichen, geschweige denn das eine System auf das andere beziehen könne, habe man wichtige Erkenntnisse mitgenommen, die für die weitere inhaltliche Arbeit von Kolping Deutschland wegweisend sein könnten.